Gut geplant statt nur gearbeitet
Ein bekanntes Problem im Familienleben: Zwischen Hausarbeit, Gartenarbeit und sonstiger Arbeit verliert jeder viel zu schnell die Übersicht. Da hilft nur eins: auf bewährte Arbeitsmethoden aus der Berufswelt zurückgreifen. Eine grundlegende Arbeitsstruktur mit integriertet Handlungsplanung und ein Gesamtkonzept müssen her.
Ohne guten Plan läuft halt nichts.
Wie es damit deutlich einfacher geht, habe ich für euch schon einmal getestet, als ich ein Stückchen Garten umgraben, einebnen und neuen Rasen einsäen musste:
Die Gartenarbeits-Checkliste
- Findungsphase
- alle verfügbaren Aktivpunkte „Personal“ (Familienmitglieder) ideal einsetzen
- Arbeitskreis gründen
- Aktivpunkte „Personal“ nach ihrer Mitarbeitsbereitschaft fragen
- Nach Gesprächen mit der Familie Arbeitskreis verkleinern. Wird eher Teamprojekt
- Team wird eher Partnerarbeit von mir und meiner Kaffeetasse, die Kaffeetasse wählt mich einstimmig zur Projektleitung
- Aufgabendefinition
- Benennung des Projektes, Vorschlag „Garten umgraben“ zu ungenau
- ausgiebige Beratung im Team
- Namen in „Oberflächennahe Umgestaltung der äußeren Freizeit- und Erholungsfläche“ ändern
- Zieldefinition
- Zielparameter so exakt wie möglich definieren: „Am hinteren Ende des Gartens zwischen dem Zaun auf der westlichen Seite und der Birke soll auf einer Breite von 2,8 Metern und einer Länge von 3,7 Metern ein mindestens zehn Zentimeter hoher Rasen aus Grashalmen entstehen, die mit einer Dichte von 15.000 Halmen pro Quadratmeter wachsen.“
- Präsentation der Zielsetzung im Teammeeting. Anwesend vom Team: ich und Kaffeetasse, der Hund als Vertreter der übrigen Hausfraktionen sowie ein Stück Torte (verschwand während der Vorstellung spurlos vom Teller)
- Analysephase
- umfassende Analyse des Ist-Zustandes
- Beobachtungsstudie des Objektes Garten nach wissenschaftlichen Maßstäben zu unterschiedlichen Jahreszeiten und Witterungsbedingungen gemeinsam mit Kaffeetasse, dazu ansetzen diverser Außentermine auf Gartenliege
- Konkurrenzanalyse
- Blick in Nachbargarten A (hat der einen schönen Rasen)
- Blick in Nachbargarten B (der müsste mal wieder mähen)
- Recherche in gängiger Fachliteratur „Mein Garten soll schöner werden“, „Garten auf dem Land“, „Gartenblume“, etc.
- Recherche der Überschriften angrenzender Zeitschriften im Zeitschriftenregal („Frau im Sonstwo“, „Meine Frau“, „Leben als Frau“)
- Detaillierte Recherche der aktuellen Zustände europäischer Adelshäuser
- Web-Analyse:
- Im Internet herausfinden, was über Gartenarbeit zu wissen ist
- Im Internet herausfinden, was auf Facebook, Instagram und Twitter zum Thema Garten zu finden ist
- Im Internet herausfinden, welche drei Dinge man in seiner Freizeit nie machen sollte, wie diese Stars ohne Make-up aussehen, warum du diesen Ernährungstipp ab jetzt immer beherzigen wirst und wieso Ärzte diesen Trick hassen
- Herausfinden, dass das Internet die Freizeit gewaltig verkürzen kann
- SWOT-Analyse (ein bewährtes Mittel zur Analyse von Chancen, Risiken, Stärken und Schwächen im Marketing)
- Chancen: Garten ist vorhanden,
- Risiken: Kaffee ist kaum noch vorhanden
- Strategie zur Risikoabwehr entwickeln
- Strategie umsetzen, mehr Kaffee kochen
- Liste der eigenen Stärken erstellen:
- Organisationstalent zu den Stärken zählen
- Listenerstellung zu den Stärken zählen
- Sich gewaltig über die eigenen Stärken freuen
- Sich mit den eigenen Schwächen befassen:
- Liste der Schwächen erstellen
- Sich nicht mehr so doll freuen
- Etwas weinen
- von Kaffee zu Wein wechseln
- Mehr weinen
- Mehr Wein
- ??? …. wo waren wir? …
- Ergebnisse den Weingläsern und der Kaffeetasse präsentieren
- umfassende Analyse des Ist-Zustandes
- Planungsphase (mit gebührendem zeitlichen Abstand, katerbedingt)
- Aufstellung der nötigen Arbeitsschritte
- umgraben
- planieren
- Rasen einsäen
- Aufstellung der benötigten Arbeitsgeräte: Bagger oder kleiner Traktor
- Überprüfung der vorhandenen Arbeitsgeräte im Geräteschuppen: weder Bagger noch Traktor
- Überprüfung des Kontostandes für Neuanschaffung
- Mit Kaffeetasse und Weinglas die vorhandenen Ressourcen an Muskelkraft überprüfen
- Nach drei Gläsern Wein sind alle überzeugt: Muskelkraft reicht, um notfalls selbst einen Traktor zu ziehen
- Überarbeiten der Materialliste zu „mittelgroßer Spaten“
- Weiterleiten der Materialliste an die Beschaffungsstelle
- sichten der Baumarktprospekte
- sichten der Möbelprospekte
- sichten der Modeprospekte
- sichten der Uhr: Mist, Schluss für heute
- Aufstellung der nötigen Arbeitsschritte
- Priorisierung der Aufgaben
- Aufteilen der einzelnen Arbeitsschritte in Unterschritte mit jeweils definierten Unter-unterabläufen
- Festlegung der Priorisierungsstufen:
- sehr wichtig: gute Planungs- und Projektarbeit
- sehr, sehr wichtig: Erstellung eines Gesamtkonzeptes „Garten“
- am allerwichtigsten: noch mehr Kaffee
- nicht wichtig: umgraben, planieren, Rasen einsäen
- Durchführungsphase (mit noch mehr zeitlichem Abstand, keine-Lust-bedingt)
- allem und jedem von der geplanten Maßnahme erzählen
- Begleitenden Marketingkampagne starten, um alle von der eigenen Großartigkeit und dem phantastischen Projekt zu überzeugen
- Logo für Kampagne erstellen: Spaten vor grünem Grund
- Slogan wählen: „Unser Garten. Wir graben`s um!“
- Projektankündigung
- Datum und Uhrzeit: „ganz, ganz bald, sobald ich Zeit habe“
- Projektstart (optional, eigentlich habe ich ja nun genug getan)
Direkt danach: Aussetzen des Projektes zur weiteren Diskussion.
Auf der Beschaffungsliste fehlten die Rasensamen.
Die Kaffeetasse übernimmt die Verantwortung und tritt zurück. Das Weinglas wird als externen Berater eingestellt. Es empfiehlt die Vertagung der weiteren Planung auf den nächsten Winter. Dort kommen dann umfassende Mind-Maps, ein Innovation-Camp zur Erstellung eines Vision-Boards und eine gute Supervision durch erfahrene Marktforscher zum Einsatz.
Die Befragung eines Gärtners als Experten wurde von allen Beteiligten aus Kostengründen abgelehnt.
Fazit:
Wie ihr seht: Mit dem richtigen Konzept ist so eine Aufgabe im Handumdrehen durchorganisiert (von erledigt war doch nie die Rede, oder?)