Zwei Finger treffen sich an einem Herz

Ein Mann und kein Auto – dahinter steckt Unrecht

Ich bin eine unglaublich auffällige Frau mit tollen Augen und einem liebevollen freundlichen Lächeln. Ich habe ein großes Herz und bin gerne bereit, neue Leute in dieses zu schließen.

Zumindest bekomme ich dafür immer wieder Komplimente von wildfremden Männern auf Facebook. Direkt verbunden mit der Bitte, ihre Freundschaftsanfrage anzunehmen.

Einen armen Kerl scheint Amors Pfeil besonders schwer getroffen zu haben. Egal wo in der Welt er gerade ist (sein Wohnort wechselt immer wieder zwischen Naher Osten, Südamerika oder Indien) und welchen Namen er gerade trägt (auch der wechselt sehr häufig): Immer möchte er mein Freund sein. Sobald er ein neues Profil hat, taucht seine Anfrage bei mir auf.  

Und das, obwohl er kaum Zeit haben kann. Den Bildern nach hat er mehrere Kinder und ist alleinerziehender Witwer (Traurigerweise ebenfalls mehrfach. Es gibt einige Gräber seiner toten Frauen in den diversen Timelines). Wenn man es so betrachtet, kenne ich den Kerl schon ziemlich gut.

Ob ich ihn vielleicht doch erhöre, wenn er das nächste Mal anfragt?

Wobei ich so toll bin, ich bekomme sogar Post von ganz anderen Leuten. Zuletzt von David Hasselhoff – Micheal Knight persönlich. Also laut seinem Profilbild. Der hat sich übrigens gut gehalten seit den späten 1980er Jahren. Ist um keinen Tag gealtert. Hat aber seinen Namen geändert. Vermutlich wurden die Fans lästig. (Und er ist nach Südamerika gezogen. Vielleicht wegen der Steuern oder so?)

Egal, er will mein Freund sein.

Dumm für ihn. Aus Erfahrung weiß ich: Nehme ich diese netten Kontaktversuche an, droht den Männern schlimmes Unheil.

Der traurige Witwer, der hin und wieder ein Soldat im Ausland ist, der joviale Typ, der unter tropischen Palmen ein Buch über Wirtschaftswissenschaften liest und selbst David Hasselhoff: Wenn ich ihre Freundin werde, dann werden sie alle über kurz oder lang kleine bis mittlere finanzielle Probleme bekommen. Und eine mittlere bis größere Bargeldsumme benötigen. Mit der ich dann kurzfristig aushelfen soll. Und die ich problemlos und ganz sicher wiederbekomme, sobald wir uns endlich persönlich in den Armen liegen.

Was nie passieren wird.

Und dann sind wir alle traurig und zumindest einer von uns ziemlich pleite.

Das erspare ich lieber direkt allen.

Wer Romanzen sucht, sollte Beleidigungen meiden

Ja, ich weiß: Derartige Anfragen sind einfach nur Fallen. Nennt sich Love- oder Romance-Scamming und ist ein Verbrechen. Die Fans klassischer Liebesfilme kennen es unter dem Namen „Heiratsschwindel“, allerdings brauchen moderne Betrüger dafür nicht einmal mehr den Gang zum Altar.

Ihre Masche: Frau kennenlernen, Frau verliebt machen, Frau um viel Geld bitten, mit Geld (und ohne Frau) verschwinden. (Mehr könnt ihr hier nachlesen.)

Das geht gar nicht. Aber wenn es denn doch sein muss: Bitte mit besseren Ködern.

Haben die Herren Bots sich die Fotos wenigstens angesehen? Die Profile gelesen? Für wie verzweifelt halten die mich – und alle anderen Frauen, die das vierte Lebensjahrzehnt erreicht haben?

Denken die, wir himmeln alles an, was zwei Augen, zwei Ohren und mindestens eine Nase hat?

Der Standartmann, den ihr mir schickt, ist einfach nie mein Typ. Er ist immer schon ein bisschen älter, schon ein bisschen verbrauchter, sieht nicht mehr ganz frisch aus und versucht auf den Fotos nicht einmal gepflegt zu wirken. Warum?

Dem würde ich zwar nie unterstellen, Frauen einfach nur anzubaggern. Aber spontan Lust auf eine Romanze erzeugt der auch nicht. Und ehrlich:  Ich soll mich doch für den interessieren.

Wenn ihr mir schmeicheln wollt (und das erwarte ich mindestens für mein Geld), dann schaut doch nochmal ins Internet. Da kann man deutlich hübschere Fotos klauen.

Und überprüft mal den Roboter, der die Fake-Profile schreibt. Falls da Bilder oder Infos zu den erfundenen Männern ersichtlich sind, dann ist nie etwas drunter, das mich interessiert. Dabei gebe ich doch so viele Daten im Netz bekannt (mehr weniger freiwillig).  Wenn Google alles über mich weiß, warum bekomme ich dann nie einen passenderen Kandidaten? Die Werbung schafft es doch. Was kann euer Algorithmus überhaupt? (Ganz nebenbei steht in meinem Profil außerdem, dass ich verheiratet, Mutter und berufstätigt bin. Wann soll ich denn Zeit für eine Affäre haben? Und woher das Geld, das ihr abziehen wollt?) 

Schickt lieber das Auto, nicht den Mann

Liebe Betrüger, ich verstehe ja, von irgendwas müsst auch ihr leben. ABER: Wenn ich schon in eine falsche Beziehung gelockt werde, dann doch bitte mit meinem Traummann. Ernsthaft: Macht euren Job ein bisschen besser. Ein ganzes bisschen. Es heißt ja nicht umsonst: Der Köder soll dem Fisch schmecken.

Jeder, der vorhat, mit gebrauchten Schrottkarren einen anderen übers Ohr zu hauen, putzt die vorher auf Hochglanz. Macht das bitte mit euren unseriösen Angeboten auch, bevor ihr mir dir schickt. Ich will zumindest ein bisschen Spaß haben, bevor ich dankend ablehne.

Wobei: Immerhin mit Michael Knight lagt ihr nicht ganz daneben. In meinem ersten Grundschuljahr hatte ich tatsächlich ein Knight-Rider-Poster über dem Bett. WEGEN DES AUTOS!

K.I.T.T. war cool und wäre es noch heute.

Mein Vorschlag: Schickt mir doch mal ne „Freundschaftsanfrage“ von dem. Da würde ich vielleicht auch ein paar Euro locker machen. Für Schulden bei fragwürdigen Polsterreinigern. Oder falls er nach dem Import im Zoll feststeckt. Ihr kennt ja eure Geschichten.

Auch wenn ich es hier lustig ausdrücke: Love- oder auch Romance-Scamming ist ein Problem. Helfen kann die Polizei. Auf der Website der Polizei Hamburg gibt es zum Beispiel eine Übersicht, die hilft, Scamming zu erkennen.

Und ja, ich bekam wirklich eine Anfrage mit einem Foto von David Hasselhoff in seiner markanten Knight-Rider-Jacke. Ich habe gelacht. Und dann habe ich es gelöscht.

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