Äpfel, Mehl und Haselnüsse

Hallo Apfelallergie

Ich habe unterdessen vorgedruckte Tabellen neben der Haustür liegen. Falls mal Besuch kommt.

Denn meine Kinder haben recht ungewöhnliche Freunde. Sie haben keine Vornamen wie Stephanie oder Torben. Sie haben komplexe Beschreibungen.

Kinder sind heute komplexer als früher

Ein typisches Beispiel:

Es klingelt an der Tür, davor steht eine für diesen frühen Nachmittag viel zu gut gekleidete Frau mit einem frisch aus dem Ei gepellten Kind.

Sie begrüßt mich mit einem sehr schnellen: „Das ist …NuschelNuschel… Apfelallergie. Nüsse und Zitrusfrüchte verträgt sie nur gebacken. Außerdem neigt sie zu Bronchitis. Wenn sie hustet, muss sie sofort inhalieren. Und wenn sie Kopfschmerzen bekommt, bitte die weißen Tabletten. Ansonsten muss sie nachher noch zum Flöten und Yoga, darum hole ich sie schon um Viertel vor …NuschelNuschel… ab, also besser keine wilde Toberei oder Süßigkeiten vorher.“

Ich überlege kurz, ob Apfelallergie wirklich der richtige Name des Kindes sein könnte. Und ob ich ihm das Spielzimmer zeigen oder doch besser ein Bett aufstellen und den Aufenthalt mit der Krankenkasse abrechnen soll.

Bevor ich zu einem klaren Ergebnis komme, bekommt Apfelallergie schon einen wenig diskreten Schubs über unsere Türschwelle, ich eine Tasche mit Kleidung und Medikamenten für eine Weltumrundung, und die Mutter braust davon.

Hoffentlich wissen meine Kinder, mit wem sie so verabredet sind. Aus der ungefähren Körpergröße schätze ich den anvisierten Spielpartner und beginne, in meiner Küche alle apfelartigen Objekte so weit oben in den Schrank zu räumen, dass auch Menschen, die bei Yogaübungen Flöte spielen können, sie nicht erreichen.

Den Nusskuchen deponiere ich in meinem Magen – sicher ist sicher.

Informationen sind wichtig – aber Namen wären eben auch nett

Neben Apfelallergie kennt mein Nachwuchs auch eine „Darf kein Eis“ und einen „bloß kein Zucker“.

Sie tauchen zum Glück nur nach Vorankündigung – nein, eher nach einer Terminplanung, die die Queen für Übertrieben halten würde – bei uns auf. Ist allerdings auch besser so. Denn sie würden sich rein ernährungstechnisch nicht mit „Trinkt nur Limo“ und „Habt ihr Schokolade da?“ vertragen.

Obwohl sie in der Schule übrigens alle gerne miteinander spielen. Was unweigerlich zu dem Tag führt, für den Eltern einen eigenen Studiengang belegen müssen:

Organisationskunststück Kindergeburtstag

Allein für die Essenplanung steht man ungefähr eine Woche vorher in der Küche und streicht aus dem Kuchenrezept alle irgendwie unverträglichen Lebensmittel.

Wenn man alles im Kopf hatte, bleiben am Ende von der Marienkäfertorte immerhin 150 Gramm Margarine, die trotz bunter Papierschleifchen nicht die gleiche Begeisterung hervorrufen wie der Kuchen im Vorjahr.

War aber natürlich mein Fehler.

Ich hatte vergessen, dass „Bitte nur biologisch-vegan-aus-heimischen-Anbau“ dabei war. Der dürfte keine Magarine vom Discounter. Und die anderen wollten ihm sicher nichts voressen.

Die Spiele gefielen dafür fast allen. Bis auf „Darf nicht ohne Hut in die Sonne“, der zwar Badehose und Winterjacke, aber keinen Hut dabei hatte, und „Mach dich bitte nicht dreckig“. Aber selbst die applaudierten immerhin vom Schatten der Terrasse aus, als die Feuerwehr anrückte, um „Tobt nicht gerne“ samt seines Schutzhelms vorsichtig aus dem Sicherheitsgitter an der Rutsche zu befreien.

Dumm nur, dass ich darüber glatt für einen Augenblick „Bitte erinnern Sie sie alle halbe Stunde daran, aufs Klo zu gehen“ vergaß, die leider nach dem Feuerwehreinsatz keine Wechselklamotten annehmen konnte, die nicht mit dem richtigen Weichspüler gewaschen waren.

Ich werde halt alt, mein Gedächtnis lässt nach.

Und daher habe ich nun genau vorbereitete Tabellen neben der Tür. Samt Stift.

Darauf notiere ich zu jedem Besucher mögliche Allergien, besondere Verhaltensmuster und die Telefonnummern aller Verwandten ersten bis zweiten Grades.

Hat den Versicherungsvertreter beim letzten Verkaufsgespräch etwas verwirrt, aber da es um das Wohlergehen von Kindern ging, hat er brav die Durchwahl seiner Mutter im Altersheim angegeben.

Von ihm kam auch der Tipp, zusätzlich eine Spalte für Namen in die Tabelle aufzunehmen.

Verrückter Kerl.

Mama, ich brauche da schnell noch…
Die Weisheit anderer Mütter

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