Von Müttern umzingelt
Elterntypen und wie man ihnen (nicht nur am Muttertag) begegnet.
Wenn man selbst weiblich ist und Kinder hat, ist man über kurz oder lang von Müttern umzingelt. Von allen Arten von Müttern. Sie verteilen sich über das ganze Land, und doch hat man irgendwann das Gefühl, immer den gleichen Nasen zu begegnen.
Typ 1: Ich habe gar nicht aufgeräumt
Jede kennt doch diese eine Mutter, bei der man reinkommt, und sich sofort entschuldigt, weil man die Aufnahmen für den neuen Möbelkatalog gestört hat. Aber da sind keine Kameras. Das ist ihr Haus. Es beginnt mit einem Flur, dessen Fliesen einst die Künstler zum Begriff „weiß“ inspirierten. Der zweite Blick fällt auf Haken, an denen mit dem Senklot ausgerichtet die Taschen der Kinder hängen, als würden sie nie dort weggenommen. Die Mutter selbst findet man meist in ihrer großzügigen Wohn-Ess-Küche auf dem hellen Designersofa. Dort nippt sie an ihrem fett- und koffeinfreien Kaffee und betrachtet den Garten voller Sorge, weil sie sich an einem Grashalm wohl beim Schneiden vermessen hat und dieser grauenvolle Lapsus von zwei Millimetern sicher die Nachbarschaft auf die Barrikaden bringen wird. Ihre Kinder sind die wahren Perlen ihres Lebens, wunderbar geraten, wunderbar erzogen und meist klüger, hübscher und aufgeweckter als der Rest der Welt. Leider sieht man sie gerade nicht, denn sie sitzen in ihren perfekt aufgeräumten Zimmern an ergonomisch geformten Schreibtischen und malen die Hausaufgaben in Hefte, die von Natur aus immun sind gegen Eselsohren.
Typ 2: Jederzeit gut organisiert
Oder die, bei der man eigentlich nie zu Besuch kommen kann, denn sie ist nicht da. Arbeiten. Oder Elternpflegschaft. Oder Bürgerinitiative. Oder Nachbarschaftstreffen. Oder was auch immer gerade endlich mal von jemandem gründlich erledigt werden müsste. In ihrem Haus befindet sich alles dort, wo man es vermutet, denn das ist effektiv. Die Jacken neben der Tür, eine für jedes mögliche Wetter. Das Sofa ist auf den Fernseher ausgerichtet, aber der zentrale Punkt in ihrem Leben ist ein Tisch voller Zettel, Notizen und Pläne. Auch in der Küche hängen Pläne – Stunden, Termine, Haushaltsführung. Dazwischen bewegen sich Kinder, Vater und ein Haustier auf ihren Bahnen. Immerhin lässt ihr ihre gute Organisation viel Platz für Familie – einfach nachsehen, wann Spielen, Knuddeln und Tratschen dran sind und sich einen Termin für Freundinnen geben lassen.
Typ 3: Keine Erziehung ohne Ratgeber
Irgendwo im Umkreis gibt es auch die Mutter, die immer gerade sehr viel zu bedenken hat. Die Mutter, die jeden Ratgeber über Erziehung gelesen hat. Sowohl die eine These als auch die Gegendarstellung. Und die jetzt versucht, beide essentiell wichtigen, aber vollkommen konträren Programme umzusetzen. Für die Kinder ist schließlich nichts zu unwichtig. Da müssen Kinderzimmer auch mehrfach im Jahr umgeräumt werden, weil gerade die Vor- und die Nachteile des Familienschlafzimmers in einem Fachjournal vorgestellt wurden. Ihr restlicher Haushalt muss mit weitaus weniger Aufmerksamkeit auskommen, bis eine nett lächelnde Dame auf einem Magazincover betont, wie wichtig absolute Sauberkeit ist. Diesen Muttertyp sieht man oft bei drei bis vier Tassen eines besonders gesunden, kalorienarmen, laktosefreien oder auch ganz anderen Getränks. Besprochen werden dann alle weiterführenden Schulen im Umkreis (unabhängig vom Leistungsstand der einzuschulenden Kinder), alle Kindergärten in der Gemeinde (unabhängig vom Alter der Kinder) und die Frage, ob der aktuelle Kinderarzt wirklich der beste sein kann, wenn er die laut Eltern-Kinder-Heftchen vermutete seltene Erkrankung gar nicht findet.
Typ 4: Lasst mich mitspielen
Erstaunlich häufig ist auch die Mutter, bei der man vorher die bequemen Schuhe anziehen muss, um sie zu besuchen. Denn ihr Haus erreicht man nur über einen kleinen Kletterpfad zwischen Bobby Car, Laufrad, Kettcar und Puppenwagen. Im Inneren wird es nicht besser, nur dass hier mobile Hindernisse wie Hund eins, Hund zwei, Katze, Baby und Lego Auto dazukommen. In diesem Haus findet man auch die Jacken im Flur, eventuell aber auch im Keller, unter dem Sofa oder im Kinderzimmer. Spielsachen leben überall, zentrieren sich aber gegen Abend in einer eigenen Ecke im Wohnzimmer. Die Mutter kann auch überall sein, meist jedoch in der Nähe eines Filterkaffees, der langsam kalt wird, während sie mit ihren Kindern versucht, endlich mal Ordnung in das Chaos…. Oh, damit haben wir aber lange nicht mehr gespielt.
Typ 5: Hauptsache draußen
Und natürlich ist irgendwo immer die Mutter, die immer Jeans und Shirt trägt, weil das praktisch ist. Aber wahrscheinlich nicht zu Hause, denn dort ist langweilig, da kennt sie schon alles. Außerdem wird ein Sofa nicht dreckig, wenn man den ganzen Tag am Spielplatz hängt. Sie kann mit ihren Turnschuhen hinter dem Rücken ein Ball wegkicken, während sie vorne im Kinderwagen ein Fläschchen serviert und am Handy mit einem Kunden einen Auftrag organisiert. Ihre Kinder können überall raufklettern und fallen daher auch überall runter. Elternabende verpasst sie schon mal zwischen spontanem Renovieren und einem guten Film, Buch oder Onlineartikel. Ihre Küche ist nie leer, aber was dort steht, hat mit Kochen wenig zu tun. Immerhin kann sie improvisieren und serviert eben Butterbrote mit Spinat.
Typ 6: Bio ist doch normal
Was die Mutter nie machen würde, die in ihrer Küche alle Produkte der gängigen Biomarken hat. Dafür kennt sie auch Rezepte mit Quinoa, Seitan oder Steckrübe, vegane Seifen und pflanzliche Alternativen zu jedem Standartmedikament. Während sie in ihrem Naturgarten ihren Yogi-Tee genießt, spielen ihre Kinder mit erdfarbenen Holzfiguren, mit erdfarbenen Tüchern oder in erdfarbenen Matsch.
Einig werden sich diese Mütter nur in einem Punkt: Mein Weg ist der beste für meine Kinder.
Und darum: Egal welcher Typ Mutter ihr seid, Herzlichen Glückwunsch zum Muttertag
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