Ein Brief und der Haushaltsplan

Ein Brief an meine Liebsten

Letztens ging mir auf, dass viele Probleme des Alltags auf klitzekleinen Missverständnissen beruhen. Folgendes Schreiben sollte da schnelle Abhilfe schaffen:

Liebe Familie,

ich möchte einfach mal diverse Punkte in unserem Zusammenleben klären.

Aufräumen:

Der Sinn dieser Tätigkeit liegt nicht darin, mir einmal am Tag Gelegenheit zu bieten, alle Zimmer aus der Nähe zu sehen. Tatsächlich ist die Idee beim Aufräumen, dass es anschließend aufgeräumt ist.

Ich möchte den ganzen Tag über in einem Wohnzimmer sitzen, in dem nichts auf dem Tisch, neben den Anrichten oder hinter dem Fernseher rumsteht.

Darum ist es auch nicht egal, wann man den Esstisch abräumt, die Dreckwäsche wegräumt oder den Einkauf ausräumt.

Modernste Untersuchungen haben gezeigt, dass dazu das „Wer etwas benutzt hat, räumt es sofort danach selber wieder an seinen Platz“-Prinzip möglicherweise hilfreich sein kann.

Mit der Betonung auf „Wer etwas benutzt“ und „selber“.

Mama macht das schon“ wird von seriösen Haushalten schon seit Jahrzehnten nicht mehr praktiziert und ist ab sofort auch bei uns nicht mehr im Angebot.

Die Küche:

Ich gebe zu, diesen Raum kennt ihr nicht so gut wie ich. Aber ich kann euch versichern, man kann hier viel mehr tun, als die Chips aus dem Schrank zu kramen.

Das macht allerdings meistens keinen Spaß.

Auch mir nicht!

Darum sollte der Aufenthalt hier so kurz wie möglich gehalten werden.

Leider muss ich euch dazu sagen, dass die Außenwände der Spülmaschine nicht durchlässig sind. Das bedeutet, sie lassen nicht auf kompliziert-physikalischem Weg dreckiges Geschirr langsam und sanft von der Arbeitsplatte in den Innenraum sacken. Das muss man von Hand einräumen.

Für die Anfänger unter euch: Das vorne ist der Griff. Sanfter Druck reicht, eine leichte Zugbewegung (so ähnlich wie bei der Spielzeugkiste) und schon ist offen.

Es gibt auch keine Geheimwissenschaft darüber, wo welche Geschirrteile hin gehören. Einzig der Besteckkasten hat seinen Namen nicht ganz zufällig. Für den Rest gilt: Wenn es ohne umzufallen dahin passt, darf es dort bleiben.

Fortgeschrittene (und dazu dürft ihr euch nach Lesen dieses Absatzes zählen) stellen eine Spülmaschine auch an, wenn sie voll ist.

Sollte die Maschine vor dem Einräumen von erstaunlich sauberem Geschirr blockiert werden, bringt die Teller und Tassen doch bitte zu ihren Freunden in den Schränken zurück. Die weinen sonst.

Müll:

Erstens: Damit ist alles gemeint, in dem mal Dinge verpackt waren, das von Dingen nach deren Nutzung sinnlos übrigbleibt, das entsteht, wenn etwas gebastelt, ausgepackt, neu verpackt oder zertrümmert wurde. Meistens auch Dinge, die man „vielleicht noch mal irgendwann“ brauchen könnte. Vor allem die klebrigen Teile.

Zweitens: Die Mülltrennung bei uns funktioniert wie auf der Arbeit, in der Schule und im Kindergarten.

Ein einfach zugänglichen Mülleimer findet ihr in der Küche unter der Spüle sowie im Bad neben der Toilette, für Notfälle (für Dinge, die nicht kleben) sind Papierkörbe in jedem Zimmer aufgestellt. Bitte folgt den deutlich sichtbaren Hinweisschildern.

Müll und Speisereste, die schon gehen können, benötigen oft trotzdem eine kurze Wegerklärung, um selbstständig den richtigen Mülleimer aufzusuchen.

Wäsche:

Für A.: Man kann die Klamotten wechseln. Dazu muss man sie nur abends in den Wäschekorb räumen. Morgens nimmt man dann frische aus dem Schrank. Lass dich doch einfach mal überraschen, welche Farben nach dem Waschen zum Vorschein kommen.

Für B.: Man kann Klamotten länger als zwei Stunden tragen. Zum Beispiel einen ganzen Tag. Sollte trotzdem ein Anlass zu Umziehen bestehen (Spielrunde, spontaner Jahreszeitenwechsel, Besuch der Queen), ist es hilfreich, die noch anzuziehenden Sachen ordentlich auf einen Stuhl zu legen. Ansonsten gilt bei Langeweile: Such die Klamotten. Selbst ich kenne noch nicht alle Ecken in deinem Zimmer, an denen sich einzelne Socken verstecken.

Für C.: Bei genauem Hinsehen wird auch dir sicherlich der Unterschied zwischen Wäschekorb und Fußboden auffallen. Das eine ist platt, groß und überall unten, das andere ist höher, hohl und für Wäsche gedacht. Sind aber sonst wirklich kaum voneinander zu unterscheiden. Übung macht hier den Meister.

Körperpflege:

Ja, Kinder müssen sich Waschen.

Auch die Haare.

Auch die Arme, Beine, Füße, das Gesicht, beide Ohren, generell die gesamte Anatomie.

Und nein, es reicht nicht, die wöchentliche Reinigungszeit an einem Tag auf einmal im Bad zu verbringen. Vor allem dann nicht, wenn weder Seife noch Shampoo im Spiel sind.

Die Haarbürsten haben wir übrigens auch nicht gekauft, damit im Badezimmer mehr Kram rumfliegen kann.

Dass ihr regelmäßig das Waschbecken mit Zahnpasta einschmiert, ist löblich. Bitte wischt die anschließend auch wieder weg, dann spare ich mir das putzen.

Sollte wider Erwarten danach noch Zahnpasta übrig sein, dürft ihr damit auch eure Zähne putzen.

Schlamm, Dreck, Schmutz und Matsch:

Generell gilt der Merksatz: Je dreckiger die Schuhe, desto näher an der Haustür werden sie ausgezogen – ausgenommen man kommt zur Terrassentür herein – dann geht ihr bitte NICHT erst bis zur Haustür.

Wollmäuse werden nicht von unsichtbaren Grinsekatzen gefressen. Dazu muss der Staubsauger benutzt werden, den man übrigens auch ohne körperliche Gefahren fürchten zu müssen wieder an seinen Platz stellen kann.

Wer unter seinem Bett, hinter dem Schreibtisch oder auf der Fensterbank kleine Krabbelkäfer züchten will, meldet dies bitte unter Angabe der genauen Tierart schriftlich drei Monate vorher bei mir an.

Ich höre dann auf die betreffenden Bereiche zu putzen und suche für das betreffende Familienmitglied eine neue, möglichst weit entfernte Wohnung, in der derartige Haustiere erlaubt sind.

In diesem Sinne: Meine großartige Familie, ich hab euch wirklich lieb.

Und natürlich soll in diesem Haus jeder so leben, lieben und toben, wie er möchte.

Allerdings solltet ihr auch bedenken, dass herumliegender Kram den Platz dazu deutlich verringert.

Mit freundlichen Grüßen

Eure (für diesen Scheiß jetzt nicht mehr zuständige) Mama

Die Weisheit anderer Mütter
Einmal in eigener Sache…

Comments

  1. Herrlich!!! 😉 Ich schmeiss mich weg…
    Klasse geschrieben, Juliane!

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